„Kampf der Bilder”
Die Corona-Krise ist eine Datenkrise – auch in Wort und Bild. Vom ersten Tag an hat die Berichterstattung vor der Trennung zwischen Faktum und Bewertung kapituliert. Eine Verbalisierung als „Grippe-Epidemie“ hätte uns emotional nicht erreicht. „Grippe“, das ist weder neu, noch klingt es wichtig, auch wenn wir schon vor Corona dozieren konnten, dass „grippaler Infekt“ und „Grippe“ nicht dasselbe und das zweite gefährlich sein kann. Selbst „Influenza-Epidemie“ hätte kaum Aufmerksamkeit ausgelöst. „COVID19“ ist von anderem Kaliber. „Fall“ ebenso. Wenn sich die Deutungen verbinden, öffnet unser limbisches System die Tore und flutet die Wahrnehmung mit den Botenstoffen für Aufmerksamkeit und Angst.
Drastische staatliche Eingriffe in das private, öffentliche und wirtschaftliche Leben erklären Politiker lapidar und mit steinernem Gesicht mit „Infizierten“ und „Fallzahlen“. Wochen nach Beginn der Krise bleibt ungeklärt und unverstanden, ob „infiziert“ auch „krank“ bedeutet und mit welcher Wahrscheinlichkeit jemand, der „infiziert“ ist, davon je etwas bemerkt. Solche Fragen eines Kindes zu stellen, löst in uns einen zweiten emotionalen Reflex aus: Man schämt sich. Ist nicht jedes Infragestellen schon ein Schaden an der „Solidarität“.
Der Krieg der Worte hat das Faktische soweit in den Hintergrund gedrängt, dass wir nervös geworden sind und im Aufruf der Datenmeldung Beruhigung und Erklärung für uns selbst suchen.
Dafür ist es höchste Zeit. Nach dem Krieg der Worte beginnt der Krieg der Bilder und er hat schon begonnen.
Immer wieder haben hochemotionale Bilder Weltgeschichte gemacht, Krisen ausgelöst, beendet, verhindert, gebremst. Weil unser Hirn solchen Bildern schutzlos ausgeliefert ist, sind diese Bilder so mächtig. Sie erreichen unser emotionales Zentrum an den Toren des rationalen Bewusstseins vorbei. Nur die emotionalen und oft unbewusst arbeitenden Zentren unseres Gehirns entscheiden letztlich, was wir tun. Der Krieg um die größere Angst wird mit einem Bild gewonnen werden.
Es wird das Bild einer sterbenden 16jährigen auf einem überfüllten Korridor sein oder das Bild eines Mannes mit einer Keule vor einem brennenden Supermarkt oder das Bild eines verhungernden Kindes in Afrika, das fragt: “Do you love me Grandma?”
Wir hoffen, mit Datenanalyse weiter zur Erklärung beizutragen. Was immer dann richtig ist, es muss die Macht des Bildes einkalkulieren, nicht vor ihr kapitulieren. Deshalb wird die Wahl des richtigen Bildes für den weiteren Verlauf der Krise entscheidend!