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Tod dem Dekogramm

Seine Liebhaber nennen es euphemistisch Infografik. Von guter Grafik, geschweige denn Information fehlt aber meist jede Spur. Ich nenne es Dekogramm und wünsche ihm die vollständige Ausrottung.

Letztes Mal waren wir so verblieben, dass Informationskultur von den Konsumenten ebenso eingefordert wie von den Produzenten bereitgestellt werden muss. Fangen wir gleich damit an: Wir wollen keine Infografiken mehr sehen!

Infografik
Mit diesem und anderen Beispielen wirbt die dpa für die Dienste ihrer Tochter dpa-infografik. Spiralförmige Anordnung, wachsende Wappen, die Spirale selbst – alles steht dem raschen Verständnis des Zahlenvergleichs im Weg.

Zuerst die gute Nachricht: Man findet sie, wo man hinsieht, aber sie dominieren die grafische Darstellung nicht (mehr). In einer Stichprobe mit Capital, Focus, FTD, Neue Zürcher Zeitung, Spiegel, Süddeutsche Zeitung und WAMS fand ich die meisten Beispiele noch in Spiegel und Focus. In der Capital fand ich gerade mal eines, in der NZZ gar keins.

Dennoch, aus zwei Gründen, weg damit: Wo offen über den Zweck räsoniert wird, bleiben wenig Zweifel, worum es geht. Der Leser soll emotionalisiert, die Botschaft soll ihm verkauft werden.

Die Infografik „verschafft uns einen sinnlichen Zugang in die Herzen der Leserinnen und Leser, weil sie mit Symbolen und leicht faßlichen Illustrationen für die Aussage emotionalisiert werden, z. B. Wohnbau geht zurück – traurige Familie.“
Quelle: www.infografik.at

Dafür haben wir keinen Bedarf. Und spätestens ab jetzt sehen wir über jeder Infografik die Warnlampe Manipulation leuchten.

Der zweite Grund ist das kapitale Missverständnis, dem auch Infografiker ohne manipulative Absicht unterliegen. Dekoration verbessert Lesbarkeit und Verständnis nicht, wie die Szene annimmt, sondern verschlechtert sie, oft total. Selbst wenn die dekorativen Elemente die Daten nicht verzerren, was häufig der Fall ist, muss das Auge all den Firlefanz ausfiltern, bevor es die eigentliche Information, den Wertvergleich, aufnehmen kann. Der Effekt ist so einfach nachzuvollziehen, wie er erfolgreich ignoriert wird. In Zukunft jedenfalls gibt es für die Verwendung von Dekogrammen reichlich Minuspunkte:

1. Der Seitenfüller (10 Minuspunkte)
Das ist die harmlose Variante des Dekogramms. Die Zahlen sind immerhin durch die Dekoration nicht verzerrt. Die Darstellung ist lediglich trivial. So wie der Inhalt auch. Drei Zahlen ohne Vergangenheit, ohne zeitliche Entwicklung, ohne Vergleich mit anderen Ländern. Krawatte, Titel, Zahlenhintergrund alles rot. Dieses Diagramm signalisiert, was es ist: Ignorier mich, ich bin nur nett anzusehen.

NervensacheEin harmloses Diagramm vom Typus Seitenfüller. Es tut nicht weh und kann ohne Schaden ignoriert werden. Quelle: Focus, Heft 29/2008, 14.07.2008, S. 106.

2. Der Murks (20 Minuspunkte)
Hier wurde das Dekoelement vor die Information gestellt. Man weiß nicht sicher, wo der rote Balken enden soll, und der Längenunterschied wird durch die Trapezform des Pokalfußes optisch gespreizt. Da die Information trivial ist und die Zahlenwerte das Auge gut erreichen, geht das noch als Ungeschicklichkeit durch.

Traum vom TitelVom Typus Murks: Hier braucht es ein Lineal um festzustellen, wo der rote Balken enden soll – an der rechten oberen Ecke. Quelle: Der Spiegel, Heft 24/2008, 09.06.2008, S. 18.

3. Verhinderter Neurath (30 Minuspunkte)
Otto Neurath, dem Pionier der Bildsprache, verdanken wir die Idee, Zahlen anschaulich mit Hilfe von Piktogrammen darzustellen. Wenn es aber schief geht, irren die Augen hilflos hin und her, um ein paar Zahlen zu finden und zuzuordnen. Meistens geht es schief. Flächige Repräsentationen sind immer problematisch. Flaggen zu verdehnen ist am Rande des guten Geschmacks.

T-MobileThyssenKrupp

Gute Symbolik hilft. Schlechte strengt an. Von Flächen und Flaggen sollte man besser die Finger lassen, sonst wird man doppelt missverstanden. Quelle: Der Spiegel, Heft 29/2008, 21.07.2008, S. 69 und S. 65.

ThyssenKrupp, Grafische Tabelle
So hätten die Daten für ThyssenKrupp ausgesehen.

T-Mobile, Grafische Tabelle
Und so die für T-Mobile. Was passiert? Man interessiert sich für die Zahlen.

4. Der Fälscher (70 Minuspunkte)
Der verhinderte Neurath lässt sich steigern. Das Auge nimmt hier Flächen wahr, ist darin nicht besonders gut, wie wir wissen, und irrt selbst dann noch. Die Idee des Grafikers ist hier in der Tat, Flaschen zu zählen. Der Unterschied zwischen 2006 und 2007 ist fast 300 %, die Fläche hat sich aber nur verdoppelt.

BionadeBionade

Nur wer die Flaschen zählt, wird schlau aus dieser Grafik der Welt am Sonntag (Nr. 26/2008, 29.06.08, S. 34). Der Flächeneindruck trügt nämlich gewaltig, wie Bellas Redesign rechts zeigt.

5. Der Manipulator (100 Minuspunkte)
So harmlos sie aussieht, so faustdick hat es diese Grafik hinter den Pixeln. Das dekorative Elemente verdeckt nichts und verzerrt nichts. Viel schlimmer, es hilft die eigentliche Täuschung zu verbergen. Man ist versucht, ein Spendenkonto für die Musikindustrie einzurichten. Der Trick hat wie so oft mit abgeschnittenen Achsen zu tun. Eine faire Darstellung der Wertveränderung von 25 % würde das Gefälle der Zeitreihe hier so wählen, dass die Höhenveränderung etwa ein Viertel der Längenveränderung beträgt. Hier sind es aber fast 100 %. Das Gefälle wird daher dramatisiert. Der entscheidende Effekt ist aber nochmals an anderer Stelle zu finden. Der Endwert liegt nahe der X-Achse, also entsprechend unseren Sehgewohnheiten nahe an der Nulllinie. Die quer gesetzte Textzeile mit der Quellenangabe rückt die Nullinie optisch noch weiter an die Linie heran. Diese Grafik schreit uns entgegen: Der Umsatz mit Tonträgern ist abgestürzt auf nahe null.

Umsatz mit TonträgernSieht harmlos aus, ist aber ein Vertreter vom gefährlichen Typus Manipulator. Quelle: Der Spiegel, Heft 29/2008, 21.07.08, S. 98.

Dass es auch ohne Murks und Manipulation geht und dass das die Leser trotzdem und deswegen fesselt, zeigen Beispiele aus den oben zitierten und anderen Quellen. Ein Vergleich der Fußballstars Diego und Franck Ribéry kommt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung als schlichte Tabelle daher. Warum auch nicht?

Diego vs. RiberyZahlen sind spannend, wenn sie uns etwas bedeuten. Dann entscheidet nur noch die Ablesbarkeit darüber, wie schnell wir sie verstehen. Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Heft 6/2008, 10.02.2008, S. 15.

Generell werden Diagramme schlichter, die Pixel werden den Daten und nicht der Dekoration gewidmet. Viele Grafiken in der Capital sind besonders nah an meinem persönlichen Ideal der Grafischen Tabelle. Dort sind selbst die Balken nicht mehr höher als der Text.

Geld macht glücklich

Frei von Dekoration und Firlefanz, die Botschaft klar formuliert, selbst die Balken sind von wortgrafischer Qualität. Quelle: Capital 10/2008, S. 46.

Wir jedenfalls tun zweierlei: Dekogramme in Managementreports, Geschäftsberichten, internen Befragungen, Memos kommen nicht infrage, es sei denn, man will seiner Karriere ein frühes Ende bereiten. In Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften werden wir die Nase rümpfen und immer gleich vermuten, dass uns da einer verladen will oder schlampig war. Wir werden meistens recht behalten.

Und wenn uns jemand fragt, was denn eine echte Infografik sei, dann zeigen wir auf die hier:

Greifvögel

Jedes einzelne Pixel trägt Information – das Optimum einer Infografik. Quelle: Welt am Sonntag, Nr. 27/2008, 06.07.2008, S. 66.