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Kinobesuche in Deutschland

Kinobesuche nahmen während der Jahre der Corona-Pandemie drastisch ab. Was passierte in den folgenden Jahren – gab es eine Erholung bei den Anzahlen der Kinobesuche? Werfen wir einen genaueren Blick auf die Entwicklung der entscheidenden Größen in der Kino-Branche!

Kinobesuche: die Daten

Die Kino-Branche wurde durch die Corona-Pandemie arg gebeutelt. Die Besucheranzahlen brachen aufgrund der restriktiven Vorgaben stark ein. In diesem Beitrag möchte ich einmal untersuchen, wie es nach der Corona-Pandemie weiterging, aber auch einen Blick auf die Jahre zuvor werfen.

Wie so oft, stellt auch hier das Statistische Bundesamt passende Daten zu den Filmbesuchen in der GENESIS-Online-Datenbank zur Verfügung:

Sämtliche Daten in der gegebenen Genauigkeit

Sämtliche Daten in der gegebenen Genauigkeit

Dieser Datensatz 21611-0003 „Kinos, Leinwände, Sitzplätze der Kinos, Filmbesuche, Durchschnittlicher Kino-Eintrittspreis, Einnahmen: Bundesländer, Jahre“ enthält für den Zeitraum von 2000 bis 2024 für sämtliche 16 Bundesländer die folgenden Größen:

  • Anzahl der Kinos
  • Anzahl der Leinwände
  • Sitzplätze der Kinos
  • Anzahl der Filmbesuche
  • Filmbesuche je Einwohner
  • Durchschnittlicher Kino-Eintrittspreis
  • Bruttoeinnahmen aus dem Filmbesuch

Die Anzahl der Kinos, der Leinwände, der Sitzplätze sind exakt angegeben. Ob die Anzahl der Leinwände mit der Anzahl der Kinosäle übereinstimmt, ist mir nicht bekannt. Das heißt, ich weiß nicht, warum man von Leinwänden und nicht von Kinosälen spricht.

Die Anzahl der Filmbesuche ist auf Hunderttausender gerundet. Filmbesuche je Einwohner liegen mit 1 Stelle hinter dem Komma vor, der durchschnittliche Kino-Eintrittspreis ist centgenau angegeben und die Bruttoeinnahmen aus dem Filmbesuch sind auf Hunderttausender [diesmal in Euro] gerundet.

Obwohl ich hier auch oft den Begriff Kinobesuche verwende, handelt es sich genau genommen immer um Filmbesuche. Gehe ich ins Kino, um mir zwei Filme in Folge anzuschauen, trage ich mit einem Kino- und mit zwei Filmbesuchen bei. Um die Anzahl der angeschauten Filme geht es in dieser Analyse.

Filmbesuche in Nordrhein-Westfalen

In obiger Tabelle zeigen die Sparklines die langfristige Entwicklung von 2000 bis 2024. Schon in dieser Grafischen Tabelle fällt der Einbruch bei den Kinobesuchen während der Corona-Pandemie auf.

Sortieren wir durch Doppelklick auf den Spaltenkopf absteigend nach Filmbesuchen, liegt Nordrhein-Westfalen mit aktuell 18,4 Mio. vorn. Verwenden wir den eingebauten Zoom der Grafischen Tabelle, können wir ohne Kontextverlust den Verlauf der Filmbesuche in Nordrhein-Westfalen an Ort und Stelle genauer unter die Lupe nehmen:

Filmbesuche in Nordrhein-Westfalen

Filmbesuche in Nordrhein-Westfalen

Bis zum Vorjahr 2023 mit 19,6 Mio. Filmbesuchen hatten sich die Zahlen seit dem Einbruch 2020 wieder stetig erholt, aber im letzten Jahr gab es wiederum einen weiteren Rückgang um 6,1 % auf nunmehr 18,4 Mio. Vergleicht man diesen Wert mit den 37,2 Mio. Filmbesuchen aus dem Jahr 2001, haben sich die Zahlen halbiert.

Gedankenexperiment mit Vorschauwerten

Der Rückgang der Kinobesucher ist aber nicht allein auf die Corona-Krise zurückzuführen. Gehen wir deshalb einmal in der Zeit zurück zum Jahr 2019 vor dem ersten Corona-Jahr.

In DeltaMaster aktivieren wir im Menü rechts unter dem Punkt Sparklines die Vorschauwerte und stellen unter Eigenschaften, Reiter Vorschau, die Methode lineare Regression und eine (Vorschau-) Länge von 5 Perioden ein, während Zyklus auf dem Wert 1 verbleibt:

Einstellbare Parameter bei den Vorschauwerten

Einstellbare Parameter bei den Vorschauwerten

Mit Zyklus könnte die Länge eingestellt werden, nach der sich ein typisches Muster wiederholt. Bei Jahreswerten ist bei der Anzahl von Kinobesuchern prinzipiell erst einmal nicht von einer Saisonalität mit fester Periodenlänge auszugehen. Wir bleiben deshalb bei einem Zyklus von 1, der einer nichtvorhandenen Periodizität entspricht.

Die Zahlenwerte der Prognosen können wir direkt ablesen, wenn wir mit dem Zoom wieder in das Sparksäulendiagramm eintauchen:

Filmbesuche in NRW mit Vorschauwerten

Filmbesuche in NRW mit Vorschauwerten

Für die Jahre 2023 und 2024 wurden Werte von 20,6 Mio. bzw. 20,1 Mio. Kinobesuchen prognostiziert. Diese Werte sind nun gar nicht mehr so weit von den tatsächlich beobachteten Werten 19,6 Mio. und 18,4 Mio. entfernt.

Exkurs: Kinobesuche – die Zahlen für Deutschland

In den Daten sind die Größen für einzelne Bundesländer gegeben, aber nicht für Deutschland insgesamt. Lassen sich diese Werte für Deutschland ermitteln?
Während

  • Anzahl der Kinos
  • Anzahl der Leinwände
  • Sitzplätze der Kinos

exakt vorlagen, d. h., ohne jegliche Rundung, und somit der Wert für Deutschland durch einfache Addition ermittelt werden kann, tauchen bei den anderen Größen leichte Probleme auf.

Die folgenden beiden Größen lagen nur gerundet vor und deshalb ergibt eine einfache Addition der gerundeten Werte nicht zwingend den Wert, der sich bei Addition der ungerundeten Werte und anschließender Rundung ergeben hätte.

  • Anzahl der Filmbesuche
  • Bruttoeinnahmen aus dem Filmbesuch

Exkurs: Rundung der Anzahl der Filmbesuche

Um das Problem einmal zu veranschaulichen, berechne ich die Grenzen, zwischen denen die exakten Werte liegen können, hier einmal anhand der Zahlen der Filmbesuche illustriert:

Filmbesuche: gegebene gerundete Werte und mögliche Grenzen der exakten Werte

Filmbesuche: gegebene gerundete Werte und mögliche Grenzen der exakten Werte

Im schlimmsten Fall bezüglich einer relativen Abweichung könnte die tatsächliche Anzahl der Filmbesuche nur 89,2 Mio. anstelle der aufsummierten 90,0 Mio. betragen. Dies entspräche einem relativen Fehler von ca. +0,9 %.

Für ein einzelnes Bundesland, im Speziellen Saarland, könnte der ausgewiesene im Vergleich zum tatsächlichen Wert um ca. 50.000/650.000 = +7,7 % zu hoch liegen.

Bei einer anderen Quelle (Saarländischer Rundfunk) wird der Wert mit 728.200 genauer und immerhin auf Hunderter gerundet angegeben. Warum man bei solchen Datenveröffentlichungen eine etwaige Rundung nicht dem Anwender überlässt, bleibt mir schleierhaft.

Wenn man einmal vereinfachend annimmt, dass jeder der 100.000 ganzzahligen Werte zwischen 10.950.000 und 11.049.999 mit gleicher Wahrscheinlichkeit der wahre Wert sein könnte, dann liegt der erwartete Wert mit 10.999.999,5 dicht am verwendeten Wert 11,0 Mio.

Die leichte Abweichung zum beobachteten Wert – immer um 0.5 unter dem gerundeten Wert – entsteht durch die Grenzen, die nicht vollkommen symmetrisch um den gerundeten Wert liegen.

Auch die Varianz ließe sich berechnen und da zwischen den Werten der Bundesländer Unabhängigkeit angenommen werden kann, ergäbe sich letztendlich – unter den Annahmen – für die Summe ein erwarteter wahrer Wert von 89.999.992 mit einer Standardabweichung von 115470.

Grob geschätzt liegt dann der tatsächliche Summenwert mit ca. 95 % Wahrscheinlichkeit in dem Intervall [89.770.000; 90.230.000]. Diese Grenzen liegen deutlich dichter zusammen als die in der Tabelle abgebildeten Worst-Case-Grenzen.

Exkurs: Fehlende Bezugsgröße Einwohner

Bei der ersten der nächsten zwei Größen fehlt die Bezugsgröße der Einwohneranzahl:

  • Filmbesuche je Einwohner
  • Durchschnittlicher Kino-Eintrittspreis

In diesem Fall könnte man eine externe Tabelle der Einwohner hernehmen. Ich habe es mit weniger Aufwand versucht und eine Schätzung aus den beiden Größen Anzahl der Filmbesuche und Filmbesuche je Einwohner generiert, indem ich die Anzahl der Filmbesuche durch die Filmbesuche je Einwohner dividiere:

Schätzung der Filmbesuche pro Einwohner für Deutschland

Schätzung der Filmbesuche pro Einwohner für Deutschland

In der dritten Spalte werden die Einwohneranzahlen aus den ersten beiden, jeweils mit nur einer Nachkommastelle gegebenen Werten geschätzt. Für die Filmbesuche je Einwohner ist die Aggregationsvorschrift Summe eingestellt, die natürlich für Deutschland mit 18,0 keinen Sinn ergibt.

Aber auch eine Aggregationsvorschrift Mittelwert würde nur einen einfachen Mittelwert verwenden, der die unterschiedlichen Größen der Bundesländer nicht berücksichtigt.

Meine Lösung definiert einen Quotientenwert Filmbesuche je Einwohner [neu] aus den Filmbesuchen und der geschätzten Einwohnerzahl. Auf einem Bundesland ist diese Kennzahl identisch mit der alten Definition.

Nun habe ich aber den Vorteil, dass auch für Deutschland bzw. eine Auswahl von Bundesländern der gesuchte Ausdruck Filmbesuche je Einwohner [neu] zur Verfügung steht, auch wenn er nicht die maximal mögliche Genauigkeit aufweisen mag.

Exkurs: Filmbesuche auf zweite Art schätzen

Ich habe weiterhin einen durchschnittlichen Kino-Eintrittspreis für Deutschland mit einer ähnlichen Berechnung wie im letzten Abschnitt ermittelt. Dabei fiel mir auf, dass man über die Größen des durchschnittlichen Kino-Eintrittspreises und der Bruttoeinnahmen zu genaueren Angaben über die Filmbesuche kommt.

Dazu muss man die Bruttoeinnahmen durch den durchschnittlichen Eintrittspreis teilen:

Schätzung der Filmbesuche (II)

Schätzung der Filmbesuche (II)

Man kann sogar Intervalle angeben, in denen die exakten Anzahlen der Filmbesuche liegen müssen:

Intervalle für die Filmbesuche (II)

Intervalle für die Filmbesuche (II)

Wir nutzen wieder die Eigenschaften der Rundung aus. Beispielsweise muss bei Baden-Württemberg der durchschnittliche Eintrittspreis mindestens 9,415 EUR, aber weniger als 9,425 EUR betragen. Genauso betragen die Bruttoeinnahmen mindestens 103,85 Mio. EUR, aber weniger als 103,95 Mio. EUR.

Dividiert man nun über Kreuz den kleineren Brutto-Betrag durch den größeren Preis und den größeren Brutto-Betrag durch den kleineren Preis, gelangt man zu Intervallgrenzen, innerhalb welcher die Filmbesuche liegen müssen.

Beispielsweise war bei Saarland mit der Angabe 700.000 zunächst klar, dass die exakte Zahl der Filmbesuche zwischen 650.000 und 749.999 liegen muss. Mit der neuen Abschätzung weiß man, dass sich die exakte Zahl zwischen 719.465 und 731.435 befindet. Zur Erinnerung: Die Quelle oben aus dem Saarland hatte 728.200 Filmbesuche vermeldet.

In diesem Exkurs wollte ich hauptsächlich zu Werten für Deutschland gelangen. Darüber hinaus wollte ich demonstrieren, dass in einem Datensatz eine noch höhere Genauigkeit für gegebene Größen versteckt sein kann. Schließlich möchte ich betonen, dass Werte immer mit der größtmöglichen Genauigkeit gegeben sein sollten.

Für eine Rundung auf weniger signifikante Stellen kann man sich dann später bei der Ausgabe entscheiden.

Allgemeine Analyse

Wir bleiben in DeltaMaster und schauen zunächst auf die Entwicklungen in Deutschland:

Überblick der Entwicklungen in Deutschland

Überblick der Entwicklungen in Deutschland

Die Kennzahlen mit einem Sternchen (*) hatte ich für Deutschland im Exkurs rekonstruiert. Sie können leichte Abweichungen zu den exakten Werten aufweisen. Gemäß den Angaben vom Redaktionsnetzwerk Deutschland liege ich mit meinen Schätzungen aber gut im Rennen:

Es gab 90,1 Mio. Filmbesuche, die Bruttoeinnahmen betrugen 868,4 Mio. und den durchschnittlichen Eintrittspreis habe ich mit 9,64 EUR exakt getroffen.

Filmbesuche und Filmbesuche je Einwohner zeigen qualitativ ähnliche Verläufe, da sich die Einwohnerzahl relativ langsam ändert: Die Kinobesuche nehmen stetig ab; dazu kam der Einbruch während der Corona-Zeit.

Der durchschnittliche Eintrittspreis nimmt stetig zu, deshalb konnte man zwischenzeitlich steigende Bruttoeinnahmen trotz stagnierender oder fallender Filmbesuche beobachten. Die Gesamtsitzplätze nehmen langsam ab; die Anzahl der Leinwände bleibt einigermaßen konstant.

Die Anzahl der Kinos fiel bis 2014 auf den Tiefststand von 1630 und hat sich nun auf einem leicht höheren Level stabilisiert.

Aus den letztgenannten Größen habe ich noch zwei weitere Kennzahlen abgeleitet, die exakt berechnet werden können: Die Anzahl der Leinwände pro Kino war zunächst leicht, aber stetig angestiegen, von anfangs 2,6 auf zwischenzeitlich 2,9. Zuletzt verringerte sich diese Zahl minimal auf 2,8.

Die Anzahl der Sitzplätze pro Leinwand verringerte sich stetig von 183 im Jahr 2000 auf aktuell 152.

Filmbesuche je Einwohner: Zeitreihenanalyse und Bewegungsanalyse

Nachdem wir eben die allgemeinen Tendenzen beschrieben haben, suchen wir nun Unterschiede der Bundesländer für ausgewählte Kennzahlen. Fangen wir mit den Filmbesuchen je Einwohner an.

Nachdem wir 17 Filterwerte angelegt haben, die jeweils die Kennzahl Filmbesuche je Einwohner mit dem Bundesland bzw. Deutschland verbunden haben, ziehen wir sie in die Zeitreihenanalyse:

Entwicklungen der Filmbesuche je Einwohner

Entwicklungen der Filmbesuche je Einwohner

Hier fällt auf, dass alle Bundesländer von der fallenden Entwicklung gleichermaßen betroffen sind, allerdings auf unterschiedlichen Niveaus. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg bilden einen eigenen Cluster mit erhöhter Anzahl von Kinobesuchen pro Kopf.

Da die Stadtstaaten aufgrund ihrer eher geringeren Einwohnerzahlen nur unterdurchschnittlich zum Deutschland-Wert beitragen, befindet sich der fett gezeichnete Verlauf der Deutschland-Werte auch im Pulk der restlichen Bundesländer.

Möchte man die Dynamik der Platzierungen betonen, bietet sich die Bewegungsanalyse an.

Ränge der Filmbesuche je Einwohner

Ränge der Filmbesuche je Einwohner

Im Beispiel ist ersichtlich, dass Berlin durchgehend vor Hamburg liegt. Von 2008 bis 2015 lag Bremen vorn. In der Bewegungsanalyse sind nur die Ränge erkennbar, aber nicht mehr die Größenordnung der Unterschiede in der Kennzahl. Über Mouseover lassen sich aber die Kennzahlwerte, Ränge und die Differenzen abrufen.

Beispielsweise können wir uns den Verlauf des Vierten, Mecklenburg-Vorpommern, und des Letzten, Rheinland-Pfalz, aus dem Jahr 2000 anschauen:

Ränge der Filmbesuche je Einwohner für Mecklenburg-Vorpommern vs. Rheinland-Pfalz

Filmbesuche je Einwohner: Grafische Tabelle

Interessiert uns nur die Entwicklung seit dem Vorjahr, liefert die Grafische Tabelle mit aktuellem Wert und Vorjahresabweichung, absteigend sortiert nach aktuellem Wert, am schnellsten und übersichtlichsten die gewünschte Information:

Änderung von 2023 auf 2024

Änderung von 2023 auf 2024

Es fällt auf, dass Berlin sein Niveau halten konnte, während Bremen stark absackte. Brandenburg konnte sogar leicht zulegen.

Bei den Vorjahresänderungen ist wieder zu berücksichtigen, dass diese aus den bereits auf eine Nachkommastelle gerundeten Zahlen ermittelt wurden. Fällt Bremen gerundet von 2,0 auf 1,7, kann das heißen, dass es von 2.049999999 auf 1,65 hinunterging oder von 1.95 auf 1.749999999.

Der wahre Wert der Differenz kann somit im Bereich zwischen ungefähr -0,4 und -0,2 liegen, wird aber mangels fehlender Genauigkeit mit -0,3 angegeben.

Betrachten wir eine weitere Kennzahl, die für den Rückgang der Filmbesuche verantwortlich sein könnte: den Eintrittspreis!

Durchschnittliche Eintrittspreise: Grafische Tabelle

In der folgenden Grafischen Tabelle sind die wichtigsten Entwicklungen der durchschnittlichen Eintrittspreise der Bundesländer zusammengefasst:

Preisentwicklung von 2000 bis 2024

Preisentwicklung von 2000 bis 2024

Was ist hier zu sehen? Wir beginnen mit dem Durchschnittpreis zu Beginn des Betrachtungszeitraums. Dann folgen Linien-Sparklines mit dem aktuellen Wert von 2024.

Dabei verwenden wir die Linien-Sparklines mit einer vergleichbaren logarithmischen Skalierung (unterstützt durch Hilfslinien!). Diese sorgt erstens dafür, dass sämtlichen Grafikachsen den gleichen Dynamikumfang aufweisen: Der Faktor, um vom Achsenminimum zum Achsenmaximum zu gelangen, ist für alle Grafiken identisch.

In diesem konkreten Fall sind nicht nur die Faktoren identisch, sondern sogar gleich die Achsen selbst, da sich die Preisniveaus in den einzelnen Bundesländern ähneln!

Zweitens sorgt die vergleichbare logarithmische Skalierung dafür, dass gleiche prozentuale Preisanstiege in allen Diagrammen zu jedem Zeitpunkt mit identischer Steigung dargestellt werden.

Es folgen die Preisänderungen vom Vorjahr 2023 zum aktuellen Jahr, einmal absolut, einmal relativ.

In der letzten Spalte habe ich ein berechnetes Element erstellt, dass ausgehend von den zwei Werten der Jahre 2000 und 2024 eine durchschnittliche jährliche Preissteigerungsrate ermittelt. Nach dieser Rate ist die Tabelle absteigend sortiert.

Mecklenburg-Vorpommern startete mit 4,73 EUR auf niedrigem Niveau, steht aber inzwischen auch bei 9,81 EUR, was zur höchsten durchschnittlichen Preissteigerungsrate von 3,1 % führt. Bremen startet auf höherem Niveau mit ähnlich hoher durchschnittlicher Preissteigerungsrate, sodass der aktuelle Durchschnittspreis von 10.76 EUR der höchste aller Bundesländer ist.

Am unteren Ende liegt hier Hamburg, das mit dem höchsten Wert von 6,32 EUR eingestiegen ist, dann aber mit einer relativ niedrigen durchschnittlichen Preissteigerungsrate von 1,9 % davonkam.

In der kurzfristigen Betrachtung ist ersichtlich, dass fast alle relativen Preisänderungen des letzten Jahres unterhalb der langfristigen Preissteigerungsrate liegen. Im Gegenteil sind sogar für etliche Bundesländer Preissenkungen zu beobachten; in Nordrhein-Westfalen sind die Preise um 2,2 % gefallen.

Kinos, Leinwände und Sitzplätze

Schauen wir nun auf die Kinos selbst: Wie viele Kinos, Leinwände und Sitzplätze gibt es? Was lässt sich über das Angebot mit Bezug auf die Einwohneranzahl aussagen? Welche Anzahlen von Leinwänden ergeben sich im Schnitt pro Kino? Wie viele Sitzplätze sind es durchschnittlich pro Leinwand?

Die folgende Grafische Tabelle gibt über all diese Größen und ihre Entwicklungen seit 2000 Auskunft :

Kinos, Leinwände, Sitzplätze und weitere abgeleitete Größen

Kinos, Leinwände, Sitzplätze und weitere abgeleitete Größen

Wir haben hier Bissantz’Numbers eingesetzt, die jeweils spaltenweise skaliert sind.

Betrachtet man zunächst die visuellen Muster der Sparkline-Säulen, sind im Vergleich der Bundesländer schon unterschiedliche Verläufe innerhalb einer Spalte zu erkennen.

Beispielsweise fällt bei den Kinoanzahlen Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2019 mit einem Sprung nach oben auf. Gleichzeitig besitzt Mecklenburg-Vorpommern nun mit (geschätzten) 50 Kinos pro 1 Million Einwohner die höchste Kinodichte. Die Sitze pro Leinwand haben stetig abgenommen.

Der Stadtstaat Bremen setzt offensichtlich mehr auf Multiplex-Kinos mit durchschnittlich nun 4,0 Leinwänden pro Kino. In Bremen gibt es mit 188 (nach Hamburg mit 197) auch die zweitmeisten Sitzplätze pro Kino.

In Berlin ist die Anzahl der Kinos und die der Leinwände relativ konstant, die Anzahl der Sitzplätze sinkt jedoch kontinuierlich. Diese Fakten drücken sich auch in einem Sinken der Sitzplätze pro Leinwand aus. Dies könnte bedeuten, dass größere Kinos schließen, dafür aber kleinere Kinos nachrücken. Um solche Hypothesen zu überprüfen, bräuchten wir aber detailliertere Daten.

Erklärungen zum Rückgang der Kinobesuche

Mit den gegebenen Daten lässt sich die Entwicklung der sinkenden Kinobesuche dokumentieren, aber noch nicht erklären. Die Preissteigerungsraten liegen über der allgemeinen Inflationsrate seit 2000, die bis 2024 durchschnittlich 1,9 % betrug; dies könnte zusammen mit weiteren im Kino getätigten Ausgaben ein Grund sein.

Welche Hypothesen stehen ansonsten im Raum?

Eine kleine Auswahl von Erklärungen von den Sprechern der Fachorgane und in Kommentaren in Foren, die häufig als Grund angegeben werden, wenn die Anzahl der Kinobesuche unter den Erwartungen liegt:

  • Streamingdienste: bieten die Filme kurze Zeit nach Kinostart an und produzieren selbst Filme, die gar nicht erst ins Kino gelangen, für die eigenen Plattformen
  • Konkurrenzangebot: Es gab Fußball-WM, Olympische Spiele, …
  • störende singuläre Ereignisse: Hollywoodstreik der Autoren
  • mangelndes Interesse an den angebotenen Filmen
  • generelle Abnahme der Qualität der im Kino gezeigten Filme, Mangel an neuen, interessanten Inhalten
  • das restliche Publikum: verwechselt Kino mit einer Bar, redet, benutzt Smartphones

Gibt es denn wenigstens nicht ein bisschen Hoffnung? Laut dieser Meldung des Deutschlandfunks, der den Verband AG Kino – Gilde e.V zitiert, haben immerhin Programmkinos im Jahr 2024 bei den Besucherzahlen zugelegt.

Vielleicht war ich das: Im Jahr 2024 war ich 47-mal im Kino, ausschließlich im Programmkino.

Möglicherweise ist der Trend zum meist günstigeren Programmkino verantwortlich für den Rückgang der durchschnittlichen Kinopreise. Es muss also nicht zwingend billiger geworden sein; auch eine Verschiebung von teureren Multiplex-Kinos zu Programmkinos kann die durchschnittlichen Preise senken, sogar selbst wenn die Programmkinos auch die Preise leicht erhöht haben sollten.

Ich fühle mich hier an das Simpson-Paradoxon erinnert, das ich einst im Blog-Beitrag Sortierung: Nur bedingt richtig behandelt hatte. Um zu überprüfen, ob das Simpson-Paradoxon vorliegt, bräuchte man aber detaillierte Daten zu Kinobesuchen in Abhängigkeit von den Preisen.

Quellen

Die Daten stammen aus der Datenbank GENESIS-Online des Statistischen Bundesamtes.
Datenquelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), Genesis-Online, Abrufdatum am 29.7.2025; Datenlizenz by-2-0; eigene Berechnungen/eigene Darstellung
Sie sind unter 21611-0003 Kinos, Leinwände, Sitzplätze der Kinos, Filmbesuche, Durchschnittlicher Kino-Eintrittspreis, Einnahmen: Bundesländer zu finden.

Für die Korrektheit der hier gezeigten bzw. berechneten Werte können wir leider keine Gewähr übernehmen.

Nicolas Bissantz

Diagramme im Management

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