„Besser entscheiden mit weniger Diagrammen!“ – unter diesem Leitgedanken spricht Dr. Nicolas Bissantz im Controller Magazin* über die Schwächen gängiger Visualisierungsformen im Controlling. Im Gespräch mit Günther Lehmann erklärt er, wie Standard-Diagramme Entscheidungen verfälschen, warum Excel und Co. daran mitschuldig sind und welche Alternativen mehr Klarheit schaffen.
Warum weniger oft mehr ist
Die zentrale Botschaft: Viele Diagramme sind nicht nur überflüssig, sondern sogar gefährlich. Automatisch beschnittene Säulendiagramme verzerren Größenverhältnisse erheblich – in manchen Fällen wirken Unterschiede von 8 Prozent optisch wie 60 Prozent oder sogar 90 Prozent. Besonders problematisch ist dies in Finanzpräsentationen, wenn dadurch falsche Botschaften entstehen.
Fehlinterpretationen durch falsche Skalierung
Ein typisches Beispiel sind Umsatz- und Gewinnreihen: Gleiche prozentuale Veränderungen sehen je nach Startwert unterschiedlich steil aus. So kann der Eindruck entstehen, Umsatz entwickle sich stärker als Gewinn – ein Trugschluss, der zu falschen Schlüssen über Kostenstrukturen führt. Auch Wirtschaftsmedien tappen regelmäßig in diese Falle.
Alternativen zu den üblichen Diagrammen
Statt auf visuelle Routinen zu setzen, plädiert Dr. Bissantz für prägnante Formulierungen, typografische Skalierungen, Farbintensitäten und interaktive grafische Tabellen. Letztere kombinieren kompakte Zahlenräume mit gezielter visueller Lenkung – „Grafik zum Lenken, Zahlen zum Denken“.
Das Problem falscher Bilder
Die Hirnforschung zeigt: Bilder prägen sich ein, bevor der Verstand sie hinterfragt. Selbst korrigierte Darstellungen konkurrieren im Kopf mit der falschen Version. Deshalb ist sauberes Arbeiten bei der Visualisierung Pflicht – auch, um rechtliche Risiken zu vermeiden, etwa durch § 400 AktG, der bei „unrichtiger Darstellung“ sogar Haftstrafen vorsieht.
KI verschärft die Lage
Generative KI verschärft die Problematik momentan, weil sie überholtes Wissen automatisiert. Im Controlling hält Dr. Bissantz regelbasierte Ansätze für geeigneter – hier gibt es keinen Spielraum für Fehler in Zahlen. Die Empfehlung bleibt klar: weniger, aber methodisch bessere Diagramme und mehr Mut zu sprachlicher Präzision.
* Quelle: Controller Magazin, Ausgabe 3/2025, Seite 24 bis 27.
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Weiterführende Informationen
Das Buch „Diagramme im Management“ erklärt Grenzen und Fallstricke von Diagrammen. Es zeigt, wie Diagramme wahrgenommen werden, was das für die Darstellung heißt und was beim Lesen und Erstellen von Diagrammen zu beachten ist, um ihnen nicht auf den Leim zu gehen.